Lesenswertes über die legendären Lesungen von Christian Bieniek
 
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  Wandelnde LSD-Pille erweist sich als wahrer DJ der Wörter
Christian Bieniek mit Gags am laufenden Band
 
Wel  -  GNZ  -  01.12.1999
 
 
 
Dass Lesungen alles andere als langweilig sein können, bewies der Düsseldorfer Autor Christian Bieniek zum Abschluss des Literarischen Novembers an der Kopernikusschule in Freigericht-Somborn.
Mit Gags und Pointen am laufenden Band weckte der junggebliebene 42-Jährige bei den Schülern auf seine Art die Lust am Lesen.

„Immer cool bleiben“ heißt das Buch, aus dem Christian Bieniek Passagen vorlas.
Marcel ist „etwa 15 Jahre alt“, spielt in einer miserablen Band, hat Pickel, überhaupt keine Lust auf Schule, dafür aber mehrere Freundinnen gleichzeitig und seit neuestem ein weiteres Problem: Seine Eltern haben sich getrennt.

Schon während der kurzen Leseprobe wird deutlich: Dieser Autor meint es ernst mit der Coolness.
Bieniek lebt seine Bücher, trägt sie im Jargon der Jugendlichen vor, ohne dabei mit seinen immerhin 42 Jahren auch nur ansatzweise peinlich zu wirken. Der selbsternannte „DJ der Wörter“ ist das, was man gemeinhin „authentisch“ nennt.
In kürzester Zeit ist jegliche Distanz zwischen dem aufgedrehten Autor und den Schülern überwunden, eine lebhafte Fragerunde die Folge.

Eine der prekärsten Fragen gleich zu Beginn: „Nimmst Du Drogen?“ Bienieks trockene Antwort: „Drogen sind mir viel zu teuer. Außerdem produziert mein Gehirn genügend Eigenhormone. Ich bin sozusagen eine wandelnde LSD-Pille.“ Kollektives Gelächter.

Als der Gong zur sechsten Stunde läutet, imitiert Bieniek den Werwolf, dessen Signal zur Verwandlung ertönt. Dann erzählt er von Verona Feldbusch, die trotz eigenem Kochbuch nicht kochen kann, macht sich über die Ansagen ihrer Konkurrentin Naddel lustig, lässt natürlich nicht die Werbung für 0190-Sex-Nummern aus, berichtet von Internet-Seiten, auf denen sich statt Aktien-Spezialisten 15-Jährige einklinken mit Äußerungen wie: „Ich bin gerade nackt, und Du?“

Mit dieser Art von Comedy-Einlagen erobert Bieniek die Sympathie der jungen Leute im Handumdrehen. Die fragen ihm zur Freude ihrer Lehrer fast Löcher in den Bauch.

Mit acht Jahren fing Bieniek an zu schreiben, „mit elf schon mein erstes Ritterdrama“, mit 15 flog er von der Schule. Aber nicht, weil er zu blöd, sondern schlichtweg zu faul war: „Ich hatte die Osterferien um sechs Wochen überzogen.“ Gar nicht faul war er auf der Klavier-Hochschule, die ihn wegen seiner Begabung auch ohne Schulabschluss nahm.
Sein erstes Buch veröffentlichte der Düsseldorfer, der sich selbst als „lesesüchtig“ bezeichnet, vor sieben Jahren - eben jenes „Immer cool bleiben“. Inzwischen hat er 21 weitere Bücher geschrieben, die in mehrere Sprachen übersetzt worden sind.

„Man ist sein eigener Herr. Das ist doch besser als jeden Tag acht Stunden AOK“, entgegnet Bieniek einer Schülerin, die wissen will, wie es sich als Schriftsteller lebe. Auch nach Jahren bekomme er noch Tantiemen für Bücher, die er „längst geschrieben“ hat. „Davon kann sogar noch meine Tochter leben.“ Cool!

Ein bis zwei Stunden schreibt der Autor täglich, in der Regel drei Seiten. Einer Schülerin im Stadium erster ernsthafter Schreibversuche macht er Mut: „Mein erstes Buch wurde erst von allen Verlagen abgelehnt und dann von allen Verlagen abgekupfert.“

Dass der 42-Jährige mit dem überschäumenden Wesen aus dem Stand witzige Anekdoten nur so aus dem Ärmel schüttelt, hat übrigens seinen Grund: Für eine Vielzahl von Fernsehproduktionen war er jahrelang Gag-Schreiber. Da ist eine Lesung für ihn eine leichte Übung. Und eine erfrischende dazu.